Aktualisiert am:
26.05.2009

Qualitätskriterien beim Quilt

 

"Wie werden Quilts juriert?", diese Frage taucht immer wieder auf und beschäftigt spätestens dann Quilter, wenn die verschiedenen Quilts nebeneinander hängend in einer Ausstellung betrachtet werden. Da trennt sich bald die "Streu" vom "Weizen"; dabei wäre es sehr einfach, auch zum "Weizen" zu gehören, wenn man einige Kriterien befolgt.

Nachstehend also eine grobe Zusammenfassung dessen, was im Seminar „Definition of Quality in Quilts. How to judge Quilts?“, dem ersten der Attersee Quilt-Tage in Seewalchen vor wenigen Jahren vermittelt wurde und noch immer seine Gültigkeit hat.

Worauf achten nun Juroren, wenn sie vor der verantwortungsvollen Aufgabe stehen, einen Quilt zu bewerten?

Vorweg muss gleich gesagt werden, dass Quilts nicht gegeneinander juriert werden, sondern jeder für sich, nach einem Punktesystem, das sich bewährt hat und sehr transparent ist. Dieses wurde von den Amerikanern übernommen, die ja im Jurieren von Quilts bereits eine lange Tradition haben. Innerhalb dieses Punktesystems wird eine gewissen Anzahl von Punkten für folgende Kriterien vergeben:

Ø      Gesamteindruck (15 Punkte)

Ø      Design (40 Punkte) wobei Verwendung des Musters, Wirksamkeit der Farbe und Umrandung als weitere Unterteilung beurteilt werden

Ø      Ausfertigung (45 Punkte) wo weiters Genauigkeit der Arbeit, Qualität des Quiltens und des Nähens, Einfassung und Ecken beurteilt werden.

Mit einem Beurteilungsformular steht nun jeder Juror vor dem zu bewertenden Quilt und versucht objektiv und nach bestem Wissen seine Punkte an die im Idealfall anonymen Quilts zu vergeben. Außer den vergebenen Punkten wird auch ein Kommentar ("konstruktive Kritik") zum Quilt festgehalten.

Nun zu den einzelnen Kriterien, die für die Bewertung herangezogen werden:

Gesamteindruck

Ist der Quilt sauber? Generell gilt: wenn man eine Quilt zu einer jurierten Ausstellung einschickt, so sollte dieser keine losen Fäden, Flecken, Tierhaare, oder ähnliches mehr  aufweisen.

Design

Wenn wir das Design betrachten, so gilt die einfache Regel: Was sieht gut aus?
Wie wurde das verwendete Muster eingesetzt, wie ist die Farbgebung?

Sehen wir einen in der Farbe harmonischen Quilt oder könnte man hier noch verbessern? Gefällt mir als Juror der Quilt? (Es ist besonders schwierig, einen Quilt zu jurieren, der dem Juror persönlich nicht gefällt, hier ist seine Objektivität gefordert.) Designfragen sind für einen Juror sicherlich die schwierigste Aufgabe, wenn man allerdings schon viele Quilts gesehen hat, kann man hier ein gutes Urteil abgeben.

Die Rückseite des Quilts sollte zur Vorderseite passen. Kreative Rückseiten fließen natürlich positiv in die Bewertung des Designs ein.

Wenn Ränder gemacht wurden, sind diese im Rechten Winkel (butted corners), bzw. bei „Briefecken“ (mittered corners) im richtigen Winkel von 45 Grad? Hier gibt es z.B. gerade in Amerika die vorherrschende Meinung, dass Ränder immer in Briefeckenform gemacht werden müssen. Dem kann ich mich nicht anschließen und ich finde, es kommt immer auf den Quilt an, wie man diese Frage löst. Wichtig ist, was sieht besser aus? Dies können ohne weiteres auch Ränder sein, die im Rechten Winkel zueinander gesetzt wurden, wenn sie zum Stil des Quilts passen. Wenn wir die Randverarbeitung ansehen sollte man beachten, dass gestückelte Ränder wenig attraktiv aussehen, besonders bei unifarbenen Rändern. Hier könnte man sich abhelfen, indem man über die gestückelten Stellen ein Motiv appliziert oder in die gestückelte Naht eventuell eine attraktive Paspoilierung näht. Bei gemusterten Stoffen kann man sich über diese Problematik natürlich leichter „hinwegschwindeln“. Wenn gestückelt werden muss, dann ist es allerdings vorteilhafter, dies im 45-Grad-Winkel zu tun.

Ausfertigung / Kunstfertigkeit

In der Ausfertigung ist die Beantwortung der Qualität eines Quilts relativ einfach, denn worauf die Juroren achten, sind folgende Punkte: Wie sind die Nähte? Sind sie lose, zeigen sich (womöglich sogar farblich nicht passende) Fäden in den Nähten? Treffen die Ecken von Patches zusammen, wo sie auch zusammentreffen sollten? Ist die Stichlänge optimal? (Man sollte darauf achten, keine zu große Stichlänge zu verwenden, da dies generell die Stabilität des Quilts beeinträchtigt). Finden sich Falten in den Nähten? Schauen dunkle Flecken durch helle Quilttops? Hier hilft es, wenn man die dunkleren Nahtzugaben etwas hinter die hellen zurückschneidet. Sind die Applikationsmotive fest aufgenäht und flach? Sind „Ausschmückungen“ (Stickereien, Knöpfe, etc.) ordentlich ausgeführt? Ist zu viel davon vorhanden?

Die Bewertung der Einfassung, d.h. des Bindings erfolgt ebenfalls nach den Regeln: was sieht gut aus? Das Binding sollte das Quilttop harmonisch ergänzen. Es kann sowohl einfaches Binding sein, wo alle vier Seiten mit Einzelstreifen eingefasst werden (dann allerdings sollte darauf geachtet werden, dass keine Kanten überstehen), wie auch Double French Fold Binding (ein doppelt genommener Streifen, der sowohl aus der Gerade wie auch der Diagonale – dies besonders für gebogene Ränder - geschnitten sein kann). Wichtig dabei ist, dass die Wattierung bis zum Rand des Bindings reicht und auch nach Anbringen des Bindings die Ecken des Quilts (so es sich nicht um einen Quilt mit runden Ecken handelt) noch im rechten Winkel sind, weder nach außen „zipfen“ (dog ears) noch unerwünscht abgerundet sind. Bei runden „Ecken“ sollten diese auch flach liegen und keine „Teller“ formen, also die Ränder sich nach oben wölben. Die Ränder sollten keine „Stresswellen“ entlang des Bindings aufweisen. Dies kann man gut vermeiden, indem man das Binding mit einem Obertransporteur annäht und eventuell vorher auch gut steckt.

Das Binding sollte mit einem farblich passenden Faden angenäht sein. Hier findet man oft die „Sünden“ der Quilter: der Quilt ist offensichtlich mit viel Liebe gefertigt worden, das Design passt, die Farbgestaltung auch, aber das Binding ist mit irgendeinem x-beliebigen vorhandenen Faden angenäht worden. Dies ist natürlich ein Grund für weniger Punkte in dieser Rubrik.

Quilten

Wenn es zur Bewertung des Quiltens kommt, so kann man mit dem Punktesystem sehr gut sowohl hand- wie auch mit Maschine gequiltete Quilts bewerten. Die erste Frage ist: sieht das Quilten gut aus? Ist es in harmonischem Einklang mit dem Rest des Quilts? Sind die Stiche ebenmäßig (dies ist viel wichtiger, als die Anzahl der Stiche pro Inch!). Ist die Dichtheit des Quiltens über den Quilt gesehen gleich verteilt, oder finden sich Stellen, die im Vergleich zu anderen Stellen zuviel/zuwenig gequiltet sind? Füllt das Quiltmuster die Blöcke gut aus oder finden wir große Blöcke, wo sich in der Mitte lediglich ein kleines Quiltmotiv befindet und der Rest ist ungequiltet? Hier gilt die Faustregel: es sollten sich im Quilt keine ungequilteten Flächen befinden, die größer als ein Handteller sind. Natürlich sollten sich auch keine Knoten auf dem Top oder der Rückseite finden. Sind die Markierungen entfernt worden?

Ausgewogenheit des Quiltens: Es ist auch noch zu beachten, dass die Ränder ebenso dicht gequiltet sind, wie der Quiltmittelteil. Zu wenig gequiltete Ränder sind meist auch ein Grund dafür, dass sich die Ränder wellen (Hier kann man übrigens oft noch viel retten, wenn man die Ränder nachträglich mehr quiltet, auch wenn der Quilt schon fertig sein sollte. Eine zusätzliche Quiltlinie in der Naht des Bindings kann wahre Wunder wirken!).

Anhand dieser kurzen Abhandlung sollten Sie eine Idee davon haben, worauf Juroren achten und Sie können sich darauf einstellen, nach welchen Kriterien beurteilt wird. Ihrer erfolgreichen Beteiligung an der nächsten jurierten Ausstellung steht nun also auch nichts mehr im Wege! Aber selbst wenn Sie nicht an einer jurierten Ausstellung teilnehmen wollen: die oben angeführten Qualitätskriterien, die einen "guten" Quilt ausmachen, gelten immer und sollten auch ohne Ausstellungsbeteiligung erstrebenswert sein.

Das Wichtigste dabei ist aber noch immer: Es sollte Ihnen Spaß machen, sich an einer jurierten Ausstellung zu beteiligen. Es geht nicht um den Konkurrenzkampf (wir haben Gott sei Dank noch keine amerikanischen Verhältnisse!), es geht viel mehr um Ihre persönliche Standortfeststellung. Lassen Sie auch andere Quilter an Ihren schönen Quilts teilhaben und geben Sie Ihnen, sich selbst und den übrigen Ausstellungsbesuchern Gelegenheit, anhand der ausgestellten Quilts dazuzulernen.

Dr. Andrea M. Schneider
 

 

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